Das OLG Celle (Az. 13 U 53/17) hat die Drogeriemarktkette Rossmann mit Urteil vom 06.07.2017 kürzlich wegen eines nicht ausreichend gekennzeichneten Instagram Postings eines von Rossmann bezahlten Influencers zur Unterlassung verurteilt. Sollte Rossmann das eigene Influencer Marketing zukünftig nicht hinreichend kennzeichnen, droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €.
Nachdem das Thema Kennzeichnungspflichten in Social Media nun doch schon seit einiger Zeit kursiert und sich die rechtlichen Risiken durch die Abmahnwelle des Verbandes Sozialer Wettbewerb, aber auch durch das kürzliche Bußgeld gegen den Youtuber Flying Uwe zunehmend verschärfen, sollten Unternehmen, beteiligte Agenturen wie auch Influencer sich unbedingt mit den Folgen des Urteils auseinandersetzen und die rechtlichen Anforderungen im Bereich Influencer Marketing unverzüglich umsetzen.
A. Das Urteil des OLG Celle zur Kennzeichnung bei Influencer Marketing
Auslöser des Urteils des OLG Celle war ein von Rossmann bezahltes Posting eines Influencer, in dem dieser ein Foto mit dem folgenden Posting auf seinem Instagramprofil veröffentlicht hatte:
„An alle Sparfüchse: AUFGEPASST! NUR morgen gibt es in allen Filialen von #rossmann & im Online Shop 40% Rabatt auf Augen Make-Up! Viel Spaß beim Einkaufen! @mein_rossmann Eyes: R deL Y. Mascara & M. N. Y. The Rock Nudes Lidschatten Palette
#blackfriyay #ad #eyes #shopping #rabatt #40prozent”
Hierfür hatte der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. die Firma Rossmann mit dem Argument abgemahnt, dass es sich hierbei um ein werbliches Posting handele, welches gemäß § 5a UWG, § 6 TMG und § 58 RStV als Werbung gekennzeichnet werden müsse. Der Verband Sozialer Wettbewerb, der mit derselben Argumentation auch eine Vielzahl weiterer Abmahnungen gegen Instagram-Nutzer ausgesprochen hatte, vertritt dabei die Auffassung, dass der im Posting enthaltene Hashtag #ad den kommerziellen Hintergrund des Postings nicht hinreichend kennzeichne.
Nachdem die geforderte Unterlassungserklärung von Rossmann offensichtlich nicht abgegeben worden war, hatte der Verband Sozialer Wettbewerb bei dem LG Hannover eine einstweilige Verfügung beantragt.
Während des LG Hannover in seinem Urteil noch die Auffassung vertreten hatte, dass sich der werbliche Charakter hinreichend aus den Umständen des Postings ergebe, hat das OLG Celle nun auf die Berufung des klagenden Verbandes entschieden, dass das Posting jedenfalls nicht so gekennzeichnet sei, dass ein durchschnittlicher Nutzer der Plattform Instagram den kommerziellen Zwecks des Postings zweifelsfrei erkenne.
Soweit Rossmann hier nicht in Revision geht, ist das Urteil rechtskräftig.
B. Bewertung des Urteils
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich das Urteil selbst nur auf bezahlte Postings bezieht, also auf die Fälle, bei denen der Influencer ein konkretes Entgelt für seine Postings bezieht.
In diesen Fällen ist mit dem Urteil des OLG Celle tatsächlich davon auszugehen, dass der werbliche Hintergrund des Postings auf jeden Fall zu kennzeichnen ist.
Entscheidend ist dann also, dass ein durchschnittliches Mitglied des angesprochenen Verbraucherkreises, also hier ein durchschnittlicher Instagram-Nutzer, den kommerziellen Zweck auch zweifelsfrei erkennt.
Das ist bei klar erkennbaren Hinweisen wie „Werbung“ oder „Anzeige“ in jedem Fall gegeben.
Nach der Rechtsprechung ist eine solche Kennzeichnung nur dann entbehrlich, wenn sich der kommerzielle Charakter aus den Umständen ergibt. Aus meiner Sicht kann man hier durchaus argumentieren, dass Instagram-Nutzer durch Begriffe wie „Sparfüchse“ oder „@my_rossmann“ sowie den diversen Hashtags wie #rossmann, #blackfriday, #ad, #shopping, #rabatt und #40prozent den werblichen Hintergrund des Postings erkennen.
Aufgrund des Urteils des OLG Celle ist nun davon auszugehen, dass eine Kennzeichnung mit #ad, die in einer Vielzahl von Hashtags „untergeht“, jedenfalls nicht ausreicht.
Abschließend sei noch einmal darauf hingewiesen, dass sich die eindeutige Feststellung der Kennzeichnungspflicht in dem Urteil des OLG Celle auf bezahlte Postings und nicht auf die Vielzahl von Fällen bezieht, in denen Influencer Produkte kostenlos zugesandt bekommen, über die die Influencer ohne inhaltliche Beeinflussung und ohne weitere Gegenleistung auf ihren Social Media Kanälen berichten.
Ob hier ebenfalls entsprechend strenge Kennzeichnungspflichten bestehen oder unter Bezugnahme auf die rechtlichen Regelungen im Bereich Product Placement unter bestimmten Voraussetzungen auf die Kennzeichnungen verzichtet werden kann, ist jedenfalls gerichtlich noch nicht geklärt. Auf eine Abmahnung des Verbandes Sozialer Wettbewerb führe ich für eine Instagram-Nutzerin derzeit ein Verfahren vor dem LG Stuttgart (11 O 142/17), welches die rechtlichen Fragen im besten Falle auch für die zuletzt genannten Fälle kostenloser Produktproben eindeutig klärt. Sobald hier ein Urteil ergeht, werde ich hier im Blog berichten.
C. Empfehlungen für Unternehmen, Agenturen und Influencer
Das Urteil des OLG Celle hat – wenig überraschend – bestätigt, dass nicht nur die direkt werbenden Influencer, sondern eben auch die dahinter stehenden Unternehmen rechtlich dafür verantwortlich sind, dass die Postings entsprechende der gesetzlichen Vorgaben als Werbung gekennzeichnet werden. Gemäß § 8 Abs.2 UWG haftet bei Wettbewerbsverstößen eines Beauftragten (hier der Influencer) nämlich stets auch der jeweilige Auftraggeber (hier also Rossmann). Dies führt – wie in dem Rossmann Fall – dazu, dass bei mangelnder Kennzeichnung des Influencers eben auch das dahinter stehende Unternehmen oder eben auch die den Influencer vermittelnde Agentur rechtlich haftbar gemacht werden können.
Die Einhaltung der Kennzeichnungsregeln bzw. die Vermeidung rechtlicher Risiken liegt mithin im Interesse aller Beteiligten.
Statt wie Rossmann erst durch Urteil dazu gezwungen zu werden, sollten die beauftragenden Unternehmen bzw. Agenturen deshalb klare Kennzeichnungsregeln aufstellen, deren Einhaltung vertraglich an die Influencer weitergegeben werden. Die konkreten Anforderungen an die Werbekennzeichnung sollten sinnvollerweise von der vertraglichen Absprache, der jeweiligen Gegenleistung (z.B. Honorar oder Produktgeschenk), dem Kanal und von der konkreten Präsentation des Produkts in dem Video oder dem Post abhängig gemacht werden.
Je nach Umfang bzw. Komplexität des Influencer Marketing Projektes sollten die Vereinbarungen mit den Influencern Regelungen zu den folgenden Aspekten enthalten:
- Vertragsgegenstand
- Pflichten des Influencers (z.B. Zahl/Frequenz/Inhalte der Postings)
- Etwaige (Gegen-)leistungen des Unternehmens
- Einhaltung Kennzeichnungspflichten, sonst Risikoverteilung
- Geheimhaltungspflichten (soweit erforderlich)
- Nutzungsrechte an den produzierten Medien (soweit erforderlich)
- Mitwirkungspflichten des Influencers (soweit erforderlich)
- Rechtsfolgen bei Verstößen (soweit erforderlich)
D. Zusammenfassung
Influencer Marketing bleibt eine spannende Alternative zu herkömmlichen Werbeformen.
Die aktuellen Abmahnungen und Gerichtsentscheidungen zeigen jedoch, dass sich die Akteure im Influencer Marketing nicht mehr darauf berufen können, in einem „rechtlichen Graubereich“ zu agieren, indem die rechtlichen Anforderungen gänzlich unklar seien.
Richtig ist, dass noch nicht alle Fragen abschließend gerichtlich beantwortet sind. Dies gilt aber für eine Vielzahl von Rechtsfragen im Digitalbereich.
Wer im Influencer Marketing jedes rechtliche Risiko vermeiden will, der kann dies bereits mit einer hinreichenden Kennzeichnung bzw. mit der Weitergabe klarer Vorgaben an die Influencer tun.
Auch wenn nach dem Urteil des OLG Celle davon auszugehen ist, dass ein versteckter Hinweis #ad nicht ausreicht, sind – je nach Umständen des Postings (Honorar oder kostenlose Produktprobe) –Gestaltungen denkbar, bei denen sich die Kennzeichnung aus den Umständen des Postings ergibt oder sogar verzichtbar ist. Akteure, die diese genauen Grenzen im Bereich der Kennzeichnungspflichten austesten wollen, sollten unter Berücksichtigung des Urteils des OLG Celle, der Beachtung zukünftiger Rechtsprechung und unter Abwägung der tatsächlichen Risiken eine eigene Kennzeichnungsstrategie und –linie ausarbeiten bzw. ausarbeiten lassen. Unternehmen, die Influencer beauftragen sollten diese dann im Interesse der Vermeidung eigener rechtlicher Risiken auf die Einhaltung dieser Kennzeichnungsregeln hinweisen bzw. verpflichten.
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