Die Störerhaftung steht auch, aber nicht nur, im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen. Störer ist, wer eine Verletzungshandlung zwar nicht selbst vornimmt, aber die Grundlagen dafür schafft, dass Dritte Urheberrechte verletzen können. Ein solcher Fall liegt beispielsweise dann vor, wenn WLAN-Netzwerke nicht ausreichend gesichert sind und Dritte so die Möglichkeit erhalten, Filmkopien auf illegalen Tauschbörsen anzubieten. Der WLAN – Inhaber muss also weder Täter sein, noch zu dieser Tat anstiften oder sonst wie Hilfe leisten. Es kommt noch nicht einmal auf eigenes Verschulden an.
Die Figur der Störerhaftung wurde durch die Rechtsprechung entwickelt. Vielfach war es dem Eigentümer des Films oder eines sonstigen geistigen Werkes, das unter den Schutz des Urhebergesetzes fällt, nämlich nicht möglich, gegen den eigentlichen Schädiger vorzugehen. Dies führte dazu, dass der Urheber zwar gesetzliche Rechte hatte, diese aber praktisch nicht durchsetzbar und somit nutzlos waren. Heute kann der Urheber gegen den Inhaber der IP-Adresse vorgehen, über die ein Werk angeboten und/oder heruntergeladen wurde. Der Urheber kann Beseitigung und Unterlassen der konkreten Urheberrechtsverletzung verlangen. Regelmäßig werden auch die anwaltlichen Kosten für die Abmahnung verlangt (§ 97a Absatz 3 UrhG).
Entschärfung der Störerhaftung und Providerhaftung – Privilegierung nach §§ 8-10 TMG
Die Konstruktion birgt allerdings die Gefahr, dass Dritte zu schnell nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Anspruch genommen werden können. Aus diesem Grund hat die Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit Einschränkungen vorgenommen. Vorkehrungsmaßnahmen und Prüfungsplichten müssen zumutbar sein. Entscheidend sind hierbei Funktion und Aufgabenstellung desjenigen, der als Störer haften soll, sowie die Eigenverantwortlichkeit des unmittelbar Handelnden.
Darüber hinaus werden Dienstanbieter im Sinne des Telemediengesetzes für fremde Inhalte über die §§ 8 bis 10 des Telemediengesetzes grundsätzlich privilegiert. Die Privilegierung umfasst auch Schadensersatzansprüche. Zu den Dienstanbietern gehören jene, deren Tätigwerden sich ausschließlich auf den technischen Vorgang der Zugangsvermittlung, des Speicherns oder Weiterleitens beschränkt. Werden sie jedoch von einer Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt, so sind auch sie dazu verpflichtet, die Verletzung zu beseitigen und für die Zukunft zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um einen erneuten Eingriff in Urheberrechte zu verhindern.
Aktuelle Entwicklungen: Netzsperre statt Abmahnkosten
Im Juli 2016 wurde das 2.TelemedienÄnderungsgesetz (TMGÄndG) verabschiedet. Der Gesetzgeber bestätigte die bisherige Rechtsprechung, nach der auch die Anbieter von WLAN-Hotspots unter die Privilegierungen des Telemediengesetzes zu fassen seien. Darüber hinaus äußerte er sich zur Störerhaftung selbst nur in der Gesetzesbegründung, in welcher er diese im Wesentlichen abschaffte. Zwischenzeitlich befasste sich auch der EuGH im Fall McFadden mit der Haftung bei offenen WLAN-Netzwerken. Die europäischen Richter halten zum einen Passwortschutz und eine Identifikation der Nutzer für angezeigt, zum anderen erachtet das Gericht richterliche Anordnungen im Hinblick auf Beseitigung und Unterlassen für denkbar.
Am 30.06.2017 beschloss der Bundestag schließlich das dritte Telemedienänderungsgesetz, mit dem Anordnungen, wie sie der EuGH vorsah, ausgeschlossen werden sollen. Anbieter müssen nunmehr keine Abmahnungen, Unterlassungsaufforderungen und Schadensersatzansprüche fürchten. Sie müssen ihr Netz weder verschlüsseln, noch den Zugang mit einem Passwort beschränken. Auch eine Identifikation der Nutzer ist fortan nicht mehr erforderlich. Um die Urheberrechtsinhaber jedoch nicht schutzlos zu lassen, haben sie nun das Recht, den WLAN-Anbieter zur Sperrung bestimmter Inhalte und Seiten zu verpflichten. Die Kosten der dieser Sperranordnung haben die Rechtsinhaber jedoch selbst zu tragen. Damit wird auf der Ebene einzelner Router ermöglicht, was bundesweit immer wieder für Furore sorgte: Die Netzsperre. Der Bundesrat wird zu dem Änderungsgesetz am 22.September 2017 beraten.
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