Bei vielen neuen Problemstellungen, die sich im oder beim Umgang mit dem Internet ergeben, stösst das gute (alte) Urheberrecht an seine Grenzen. Zahlreiche Fragestellungen, die sich völlig neu stellen, sind von den Regelungen des Urheberrechtsgesetzes (UrhG), wenn überhaupt nur unzureichend geregelt.
Im Rahmen der Artikelserie zum Thema „Blogs & Urheberrecht“, die wir Anfang letzter Woche gemeinsam mit Telemedicus, jur-blog.de, kriegs-recht.de gemeinsam gestartet haben, werden nun einige dieser Themen von kompetenter Seite erklärt und aufgearbeitet werden.
In dieser Reihe sind bisher erschienen:
Einführung ins Urheberrecht (Telemedicus)
Blogs & Urheberrecht – (k)ein Thema? (jur-blog.de)
Fragestellungen bei Blogs & Urheberrecht (jur-blog.de)
Neben Fragen, die sich im Rahmen der urheberrechtlichen Bewertung solch relativ neuer Formate wie den Weblogs (kurz Blogs) stellen, werfen nicht zuletzt die sogenannten freien Lizenzen (wie auch und gerade die Creative Commons) einige Probleme auf.
Nach der nun folgenden Einführung und Erklärung, was die Creative Commons Lizenzen eigentlich sind, werde ich im zweiten Teil deren Einsatzmöglichkeiten, Vorteile aber auch verbleibende Restrisiken darstellen.1. Grundlage Urheberrecht
Das deutsche Urheberrecht (und die meisten anderen Rechtsordnungen) sieht vor, dass derjenige, der ein bestimmtes Werk (Text, Bild/Foto, Audio, Video, Kunstwerk) geschaffen hat, – dessen jeweilige Schutzfähigkeit vorausgesetzt – auch darüber entscheiden können soll, ob bzw. wer das jeweilige Werk in welcher Art und Weise nutzen darf.
Insofern kann allein der Urheber (bei Gesamtwerken die Urheber gemeinschaftlich) bestimmen, unter welchen Rahmenbedingungen das jeweilige Werk von Dritten verwendet werden darf. Dadurch kann unter anderem sichergestellt werde, das der Urheber auch im Hinblick auf eine wirtschaftliche Verwertung die notwendige Kontrolle behält und daran partizipieren kann.
Diese Systematik sorgt allerdings gleichzeitig dafür, dass jeder, der ein geschütztes Werk veröffentlichen, vervielfältigen oder aufführen etc. will, vorab die entsprechende Zustimmung des Rechteinhabers einholen muss. Von diesem Grundsatz gibt es nur ein paar wenige gesetzlich normierte Ausnahmen wie das Zitatrecht (§ 51 UrhG) oder die Nutzung zum privaten Gebrauch (§ 53 UrhG).
2. Entstehung der Creative Commons Lizenzen
Um die Einräumung entsprechender Rechte zu vereinfachen, wurden im Jahre 2001 von Lawrence Lessig an der Stanford University die Creative Commons Lizenzen (eigentlich Creative Commons Public License (CCPL)) entwickelt. In seinem aktuellen Beitrag „Early Creative Commons history, my version“ stellt Lawrence Lessig die Entstehungsgeschichte noch einmal aus eigener Sicht dar.
Die Creative Commons dienen dazu, Werke der Allgemeinheit in einer bestimmten Form, nämlich unter Beachtung bestimmter Lizenzbedingungen, kostenlos zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich also um ein Open-Content Lizenzsystem, vergleichbar den Open Source Lizenzen wie GNU General Public License (GPL), GNU Lesser General Public License (LGPL) usw.
Der Urheber kann also die Nutzung seines Werkes im Rahmen eines vordefinierten Lizenzsystems bestimmten Bedingungen unterwerfen und so Dritten (ohne weitere Rücksprache mit ihm) die Nutzung des Werkes ermöglichen. Im Gegensatz zum sonst geltenden „all rights reserved“ bedeutet dies ein „some rights reserved“.
Entgegen einem teilweise im Internet verbreiteten Irrglauben gibt der Urheber damit nicht seine Rechte auf, sondern bleibt natürlich Rechteinhaber, der die Nutzung eben unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Hält sich also ein Werknutzer nicht an die Bedingungen, unter denen die Nutzung des Werkes freigegeben worden ist, so stehen dem Urheber auch hier entsprechende Beseitigungs-, Unterlassungs-, Auskunfts- und ggfls. auch Schadenersatzansprüche zu. Dies kann in Einzelfällen auch zu erheblichen rechtlichen Auseinendersetzungen führen (vgl. „Kommerzielle Verwertung von Flickr-Bildern“ ).
3. Die Module der Creative Commons
Der Urheber kann die Nutzungsbedingungen unter Einsatz der vier nachfolgenden Module (mit entsprechenden Definitionen von Creative Commons) wie mit einem Baukasten genau definieren und zusammenstellen.
Bei den nachfolgend aufgeführten Grundbausteinen, ist zunächst die gängige Abkürzung aufgeührt, dann jeweils die englische und deutsche Bezeichnung:
a) by, Attribution (Namensnennung)
Namensnennung. Sie müssen den Namen des Autors/Rechteinhabers in der von ihm festgelegten Weise nennen (wodurch aber nicht der Eindruck entstehen darf, Sie oder die Nutzung des Werkes durch Sie würden entlohnt).
Steht ein bestimmtes Werk also unter der Creatice Commons Lizenz „by“ (kurz auch CC-by) so darf jeder dieses Werk nach Belieben (auch kommerziell) verwenden. Er muss lediglich bei jeder Nutzung den Namen des Urhebers und – so vorhanden – des konkreten Werkes nennen. Dieser Quellen- oder Bildernachweis sollte darüber hinaus einen Link (soweit vorhanden) zu dem Autor oder Werk setzen und entsprechend auf die Lizenzurkunde von CC verweisen.
b) nc, Non Commercial (nicht kommerziell)
Keine kommerzielle Nutzung. Dieses Werk darf nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden.
Auch wenn gerichtlich noch nicht abschließend geklärt ist, was „nicht kommerziell“ bedeutet, ist klar, dass für rein private Zwecke eine Nutzung erlaubt sein soll.
c) nd, No Derivative Work, (keine Bearbeitung)
Keine Bearbeitung. Dieses Werk darf nicht bearbeitet oder in anderer Weise verändert werden.
Außer dem zulässigen Verkleinern oder Vergrössern des Originals darf das Werk nur eingesetzt werden, wenn es nicht bearbeitet worden ist. Unzulässig sind in diesem Zusammenhang auch ein Zuschneiden oder der Einsatz von (Farb-)filtern.
d) sa, Share Alike (Weitergabe unter gleichen Bedingungen)
Weitergabe unter gleichen Bedingungen. Wenn Sie dieses Werk bearbeiten oder in anderer Weise umgestalten, verändern oder als Grundlage für ein anderes Werk verwenden, dürfen Sie das neu entstandene Werk nur unter Verwendung von Lizenzbedingungen weitergeben, die mit denen dieses Lizenzvertrages identisch oder vergleichbar sind.
Wenn und soweit eine Bearbeitung zulässig sein soll (siehe c)), so kann der Urheber den Werknutzer verpflichten auch das bearbeitete Produkt, der entsprechenden CC-Lizenz zu unterwerfen.
Diesen Baukasten kann jeder Urheber nach Belieben zusammenstellen, wodurch in Kombination insgesamt die nachfolgenden sechs verschiedene Lizenzmodule entstehen können:
CC-by Namensnennung
CC-by-sa Namensnennung, Weitergabe unter gleichen Bedingungen
CC-by-nd Namensnennung, keine Bearbeitung
CC-by-nc Namensnennung-Nicht kommerziell
CC-by-nc-sa Namensnennung, nicht kommerziell, Weitergabe unter gleichen Bedingungen
CC-by-nc-nd Namensnennung, nicht kommerziell, keine Bearbeitung
Die gewünschte Lizenzart kann ohne großen Aufwand bei Creative Commons zusammengestellt werden. Plattformen wie flickr, sevenload.de, 1000mikes.com und viele mehr bieten einzelne dieser Lizenzen für hochgeladenes Material schon voreingestellt unmittelbar an.
Damit der Einsatz der jeweiligen CC-Lizenz unmittelbar erkennbar ist, sollten entsprechende Werke auf der eigenen Homepage oder bei einem anderweitigen Einsatz mit einem entsprechenden Lizenzhinweis versehen werden. Neben einer (allgemein verständlichen) Kurzbeschreibung der jeweiligen Lizenz, auf die man über Anklicken des jeweiligen Lizenzsymbols (Icon) gelangt, liegt jedem Modul auch noch einmal ein ausgeführter Lizenzvertrag zugrunde, der (angepasst auf die jeweiligen nationalen Rechtsgrundlagen) die Lizenzbedingungen zwischen Urheber und Werknutzer detailliert und (soweit möglich) rechtlich verbindlich regelt. Einzelheiten hierzu folgen im Teil 2.
Das nachfolgende Video zeigt noch einmal anschaulich, wie die Creative Commons Lizenzen funktionieren und wie sie den Austausch und die Nutzung von „geistigem Eigentum“ fördern können.
„Wanna work together“ by Lessig unter CC-by
4. Weiterentwicklung der CC-Lizenzen
Neben der Internationalisierung der CC-Lizenzen werden diese nicht nur ständig weiterentwickelt, sondern auch neue Lizenzmodule geschaffen. Relativ neu sind die speziellen Module „Sampling Plus“ (Namensnennung, abgeleitete Werke nur in Form von Sampling oder Mashups erlaubt) „Non Commercial Sampling Plus“ (Namensnennung, abgeleitete Werke nur in Form von Sampling oder Mashups erlaubt, nicht kommerziell) oder „Music Sharing“ (Namensnennung, nicht kommerziell, keine Bearbeitung)
Vor kurzem wurde auch für Deutschland der Release der neuen Version 3.0 bekanntgegeben. In der entsprechenden Meldung werden auch die Neuerungen mitgeteilt.
5. Fortsetzung folgt
Nach dieser allgemeinen Einführung werde ich mich in meinem nächsten Beitrag noch näher mit den Vorteilen und den(auch kommerziellen) Einsatzmöglichkeiten der CC-Lizenzen beschäftigen. Neben der Beschreibung erster Urteile, die im Zusammenhang mit Open Content oder Open-Source in Europa und Deutschland ergangen sind, werde ich auch die rechtlichen Stolpersteine, die beim Einsatz von CC-Lizenzen beachtet werden sollten, darstellen. Beachtet man diese, so sind die Creative Commons Lizenzen sicher sowohl für die Rechteinhaber als auch die Werknutzer eine spannende Alternative zu dem sonst geltenden, weit restriktiveren Standard des „all rights reserved“…
Am Anfang waren wir sehr skeptisch, ob unsere 1000MIKES-Nutzer die freie Lizenzwahl annehmen würden, oder ob wir sie damit nur verwirren.
Das Resultat ist weitaus besser, als wir erwartet hätten: nur 21% verzichten auf eine CC-Lizenz (obwohl „Alle Rechte vorbehalten“ die Default-Einstellung ist), und die restlichen 79% verteilen sich wie folgt: 31% cc_by, 10% cc_by_sa, 3% cc_by_nd, 6% cc_by_nc, 6% cc_by_nc_sa, 24% cc_by_nc_nd. (Unsere Hausempfehlung ist die liberale cc_by-Variante).
Aufgrund dieser positiven Erfahrung können wir anderen Betreibern von User-Generated-Content-Websites ausdrücklich empfehlen, Creative Commons zu integrieren. Die User verstehen es sehr gut zu nutzen!
Vielen Dank für diesen informativen Artikel zu den cc-Lizenzen.
Ich habe auf meiner Website selbst zahlreiche Inhalte unter cc-Lizenz abgelegt, habe aber das Gefühl, dass selbst Jurastudierende zur Zeit noch nicht viel mit dem Label „cc“ anfangen können – was angesichts der Tatsache, dass mittlerweile die netzaffine Generation an die Unis strömt, eigentlich erstaunlich ist.
Freue mich schon auf die Fortsetzung Ihres Artikels und werde die Gesamtfassung auf meiner Website zur Info verlinken!
CC Lizenzen sind ein äußerst interessantes Modell. Ich beschäftige mich zur Zeit mit dem Gedanken, die bei mir bleibenden Rechte von Kundenauftragsarbeiten unter einer CC-BY-SA-Lizenz zu veröffentlichen. Nur bin ich mir noch nicht sicher, ob dieser Hinweis für den Kunden a) überhaupt erwähnt werden muss oder b) es ausreicht diese Modalität in den AGBs zu erwähnen oder c) sie explizit in einem Angebot niedergeschrieben sein muss.
Haben Sie eine Idee, wie das zu handhaben wäre?
P.S.
Ich diskutiere diese Frage ebenfalls in meinem Blog
Ein Aspekt der Variante „Share Alike“ ist mir als Nichtjuristin unklar und ich habe bisher nirgendwo etwas dazu gefunden:
Was bedeutet „…als Grundlage für andere Inhalte verwenden, dürfen Sie die neu entstandenen Inhalte…“ (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/)
Darf z.B. ein Bild, das unter einer CC-SA-Lizenz steht auf einer Website eingebunden werden und weiterhin steht nur dieses Bild unter CC oder muss dann schon die ganze Website unter der CC-Lizenz stehen. M.a.W.: Ab wann ist ein Inhalt Grundlage für andere Inhalte?
Sind die CC-Lizenz für ein Buch und die neue Möglichkeit des Kindle-Direct-Publishings von AMAZON miteinander vereinbar? Wer kann mir dazu eine Auskunft geben?
Danke.
MfG Lothar Klose