Nach dem Facebook gegen StudiVZ bereits in den USA vorgegegangen ist und StudivZ gegen diese Vorwürfe seinerseits vor dem LG Stuttgart negative Feststellungsklage eingelegt hat, läuft offensichtlich ein weiteres Verfahren vor dem LG Köln (Az.: 33 O 374/08).
Nach Angaben auf Spiegel Online basiert diese Klage auf folgenden Vorwürfen:
StudiVZ sei ein Plagiat des amerikanischen Facebook-Originals, lautet nach Angaben der Gerichtspressestelle der in der ersten mündlichen Verhandlung vorgelegte Vorwurf. StudiVZ habe mit seinem Logo, Features und seinem Service geistiges Eigentum von Facebook kopiert. Zudem soll StudiVZ illegal auf Facebook-Computersysteme Zugriff gehabt und sich Daten – darunter den Facebook-Quellcode – verschafft haben. Die Ähnlichkeit der beiden Seiten lässt sich kaum bestreiten, noch dazu gewährten die Entwickler von StudiVZ einen pikanten Einblick in ihr Programm: Eine Fehlermeldung der StudiVZ-Seite zeigte, dass die Programmierer ihrer Anwendung den Namen „Fakebook“ gegeben hatten.
Erfolgsaussichten sehe ich für Facebook vor dem LG Köln überhaupt nur, wenn tatsächlich bewiesen werden kann, dass Quellcode kopiert worden ist. Da das Design und die Funktionalitäten in Deutschland grundsätzlich nicht geschützt sind, sofern nicht Sonderrechtsschutz (wie Marken-, Urheberrecht usw.) eingreift, dürfte der Vorwurf StudiVZ sei vom Design und vom Aufbau ein Plagiat rechtlich nicht durchgreifen.
Aus Sicht von Facebook halte ich außerdem für problematisch, dass sich der Streit in den USA (zumindest teilweise) inhaltlich mit dem überschneidet, was auf Grundlage der vorliegenden Informationen auch Streitgegenstand vor dem LG Köln ist. Hier könnte seitens StudiVZ der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit eingreifen, der die Klage von Facebook (zumindest teilweise) unzulässig machen könnte.
1. Verstoss von StudiVZ gegen die Urheberrechte von Facebook durch die Übernahme des „Look & Feel“
Im deutschen Urheberecht wird ein Werk immer nur in seiner konkreten Formgestaltung geschützt. Ideen, bestimmte Techniken oder Methoden, aber auch Webdesign sind grundsätzlich nicht geschützt (was Webdesigner regelmäßig beklagen).
Insofern sieht es jedenfalls aus urheberrechtlicher Sicht für Facebook hinsichtlich der Übernahme des Design und des „Look & Feel“ eher schlecht aus.
2. Verstoss von StudiVZ gegen die Wettbewerbsrecht durch die Übernahme des „Look & Feel“
Wenn überhaupt könnte ein entsprechender Anspruch wegen der Übernahme des „Look & Feel“ allein aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) hergeleitet werden. Die erste notwendige Voraussetzung eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen Facebook und StudiVZ ist ohne Zweifel gegeben.
Fraglich wäre dann aber, ob StudiVZ tatsächlich ein Leistungsergebnis des Mitbewerbers so nachgeahmt hat und auf dem Markt angeboten, dass eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeigeführt wird bzw. worden ist oder die Wertschätzung der nachgeahmten Plattform unangemessen ausgenutzt oder beeinträchtigt wird oder worden ist (§ 3, 4 Nr. 9 UWG).
Notwendig hierfür wäre eine besondere wettbewerbliche Eigenart des Design von Facebook. In Anbetracht der Tatsache, dass es vor wie auch nach Facebook eine Vielzahl von Communities zumindest mit ähnlicher Gestaltung gab, ist diese Voraussetzung eher zu verneinen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass in Deutschland der Grundsatz der Nachhamungsferieheit gilt, wenn kein Sonderrechtsschutz z.B. über Urheber- oder Markenrechtsschutz besteht.
Mit dem Vorwurf StudiVZ sei optisch und von den Funktionalitäten ein Plagiat, kommt Facebook also aus meiner Sicht nicht durch.
3. Verstoss von StudiVZ gegen die Urheberrechte von Facebook bei einer Übernahme des Quellcodes
Urheberrechtsschutz wäre nur zu begründen, wenn tatsächlich Teile des Computercodes übernommen worden sind. Nachdem der zuständige Richter die Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung aufgefordert hat, die Quellcodes von Sachverständigen vergleichen zu lassen, spricht einiges dafür, dass der Richter dies genau so sieht und weniger auf die Übernahme des Design als vielmehr auf ein etwaige Kopie des Quellcodes abstellt.
Diese Übernahme wird Facebook im Rahmen des Prozesses zu beweisen haben, wenn sich die Parteien nicht anderweitig einigen. Aus der Blogosphäre gibt es eine nicht unerhebliche Zahl von Hinweisen darauf, dass seinerzeit tatsächlich Teile aus dem Quellcode übernommen worden sind.
4. Anderweitige Rechtshängigkeit
Spiegel Online erläutert ausführlich, warum es mehrere Verfahren gibt und wie Facebook dies begründet. Dort wird die deutsche Anwältin von Facebook mit den Aussagen zitiert, dass die Verfahren in Deutschland Vorwürfe des Diebstahls von Quellcode, Verletzungen deutschen Markenrechts und Vorwürfe in Bezug auf Entwurfsmodelle zum Gegenstand hätten, während es in den USA im wesentlichen um das Eindringen in das Datennetz von Facebook ging.
Die Klageschrift des Verfahrens in Amerika spricht aus meiner Sicht eine andere Sprache. Insbesondere ab Nr. 61 wird unter der Überschrift „Trade Dress Infringement“ genau der Vorwurf gemacht, dass StudiVZ das „einzigartige“ Design kopiert hätte.
Um zu verhindern, dass sich unterschiedliche Gerichte mit demselben Streitgegenstand beschäftigen (und möglicherweise zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen), folgt aus einer solchen anderweitigen Rechtshängigkeit an sich eine Zuzulässigkeit der Klage zumindest in diesem Punkt. Auch die behauptete Kopie des Quellcodes von studiVZ wird in der Klageschrift des verfahrens in den USA intensiv thematisiert und ist insoweit wohl auch Streitgegenstand.
5. Zusammenfassung
Nachdem also für beide Seiten nicht unerhebliche Prozessrisiken bestehen, deutet aus meiner Sicht alles auf eine vergleichsweise Lösung hin. In Anbetracht der hohen materiellen Risiken die im Falle eines Schadenersatzanspruches gerade für StudiVz bestehen und der Tatsache, dass sich Facebook nun nicht mehr ohne Gesichtsverlust aus dieser Angelegenheit zurückziehen kann, wird StudiVZ eine solche außergerichtliche Einigung nicht ohne Zahlung eines nicht unerheblichen Betrages erreichen.
NACHTRAG 30.04.2009:
Siehe zu dem Thema auch den heutigen Artikel der FAZ
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Die Layout der Webseite kann sehr wohl urheberrechtlich geschützt sein. Es kann z.B als Multimediawerk eingestuft werden und muss von einer durschnittsleistung abweichen. Genau das hat mE facebook (damals!) getan. Die Seiten von facebook waren besonders speziell und etwas vollkommen Neues und bestichten durch die notwendige schöpferische Leistung. Dies fiel mir 2005/6 schon auf und lies deutlich werden, dass studivz facebook entsprach und zwar eins zu eins!
Des Weiteren gäbe es auch Ansprüche aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGMV)
mE ist es eindeutig, dass Studivz nur eine Kopie von facebook war, die sich nur anhand der Farbe unterschied.