Internet, Social Media & Recht – Best of 2014 und Ausblick auf 2015

Mit etwas Verspätung komme ich – entsprechend der Praxis in den letzten Jahren – dazu, hier einen Blick zurück auf das (internet-)rechtliche Jahr 2014 zu werfen.

Die Digitalisierung schreitet in großen Unternehmen, zwischenzeitlich aber auch bei immer mehr kleinen und mittleren Unternehmen weiter voran. Sekundenschneller Datenaustausch hat sich neben anderen digitale Technologien längst im privaten und geschäftlichen Alltag etabliert. Zahlreiche Unternehmen haben erkannt, dass Technologien wie Cloud Computing oder Social Media, aber auch Entwicklungen im Bereich Big Data es erforderlich machen, die eigenen Geschäftsmodelle grundlegend zu überdenken. Zahlreiche Innovationen bedrohen etablierte Geschäftsmodelle, bedeuten für diejenigen, die sie nutzen aber auch gute Wachstumschancen.

Auch wenn es in deutschen Unternehmen diesbezüglich noch einiges an Arbeit gibt, ist spätestens in 2014 bei vielen Entscheidungsträgern „angekommen“, daß der digitale Wandel allgegenwärtig und allumfassend ist und damit nicht nur die Menschen und die Gesellschaft, sondern auch die Märkte verändert.

Diese teils rasanten Entwicklungen sind allerdings nach meiner Erfahrung auch im letzten Jahr in zahlreichen Rechtsabteilungen bzw. bei  rechtlichen Beratern noch nicht im notwendigen Maße angekommen. Immer wieder begegnet man auch in großen Unternehmen Kollegen in Rechtsabteilungen und Datenschutzbeauftragte, die keinerlei Zugang zu diesen (eigentlich gar nicht mehr so) Neuen Medien haben. Das muss sich ändern…

Oft fehlt es an dem Interesse oder zumindest der Bereitschaft, sich mit diesen digitalen Technologien möglichst unbefangen zu beschäftigen. Die Erfahrung zeigt, dass sich mit etwas Sachverstand und einer proaktiven und sachkundigen Auseinandersetzung mit den Themen oft gut vertretbare Lösungen finden lassen. Tatsächlich stellt sich die Frage, wie man ein Unternehmen etwa zu rechtlichen Fragen bei Facebook & Co praxisorientiert beraten will, wenn man das jeweilige Soziale Netzwerk mangels eigenem Profil noch nicht einmal richtig „von innen“ kennt. Insofern bleibt die Hoffnung, dass die Zahl der rechtlichen Experten für digitale Themen, von denen es natürlich auch schon einige gibt, auch in der Anwaltschaft und auf Seiten der Unternehmensjuristen (gerne auch bei den Richtern) weiter ansteigt.

A. Rechtlicher Rückblick auf 2014

Inhaltlich haben in 2014 weiter vor allem urheber- und datenschutzrechtliche, teilweise auch wettbewerbsrechtliche Themen bewegt. Gerichtliche Entscheidungen, wie z.B. die (zweifelhafte) Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zum Embedding von fremden Inhalten, zeigen, dass teils essentielle Fragen weiter diskutiert werden. Im Urheberrecht waren zudem spezifische Lizenzverträge für diverse – teils sehr neuartige – Modelle zu gestalten.

Im Datenschutz waren wir neben klassischen Fragen (Analysewerkzeuge und Auftragsdatenverarbeitung) vor allem mit Cloud, Social CRM und Big Data Projekten befasst. Hier entwickeln sich sukzessive Standards, die in vielen Fällen rechtskonforme Lösungen ermöglichen. Ganz aktuell werden auch die neuen Werbemöglichkeiten in Sozialen Netzwerken (wie z.B. Facebook Custom Audiences oder Lookalike Audiences) auf eine datenschutzkonrofme Ausgestaltung hin diskutiert.

Auch die Integration von Social Software in Unternehmen, bei der es einige (arbeitnehmer-)datenschutzrechtliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen zu gestalten gilt, schreitet weiter voran.

Schließlich war 2014 das Jahr, in dem das Thema Datensicherheit in der breiten Öffentlichkeit angekommen ist. Neben zahlreichen „Hacks“ von Login- und Kreditkartendaten waren zuletzt vor allem die Veröffentlichungen von Prominentenbildern aus deren Apple i-cloud und das Entwenden zahlreicher Daten von Sony wichtige Themen. Unternehmen sind deshalb gut beraten, die eigenen Daten und die ihrer Kunden über geeignete technische und rechtliche Maßnahmen abzusichern, um ihre gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Auch in 2015 wird es fraglos zahlreiche weitere öffentlichkeitswirksame Hacks geben, die erhebliche (Vertrauens)verluste bei den Unternehmen auslösen können.

B. Best of Blog in 2014

Die nachfolgenden Top 10 der beliebtesten Beiträge dieses Blogs spiegeln das Interesse an den obigen Themen – neben meinem im Ergebnis dann doch erfolgreichen (Hobby)rechtsstreit zu der Notwendigkeit eines Impressums bei XING – teilweise wieder:

1. Erste Abmahnungen wegen fehlendem Impressum bei XING – Rechtslage und Praxisempfehlung

2. #XINGGATE: Alle XING Impressen abmahnfähig ?! Das vollständige Urteil des LG Stuttgart (Az. 11 O 51/14)

3. Schleichwerbung bei Twitter, Facebook & Co – Prominente als illegale Testimonials in Social Media

4. Wichtige Entscheidung des EuGH: Einbettung (Embedding) von Youtube Videos ist keine Urheberrechtsverletzung

5. Twitter & Urheberrecht – Ist die Übernahme fremder Tweets rechtlich zulässig ?

6. Facebook Custom Audiences & Datenschutz – Rechtliche Prüfung der Gestaltungsmöglichkeiten

7. Facebook Richtlinien – Whitepaper zu den Nutzungsbedingungen und rechtlichen Rahmenbedingungen bei Facebook

8. LG Frankfurt: Einbindung von Trackingtools ohne ausreichende Datenschutzerklärung und Widerspruchsbelehrung abmahnfähig

9. Heftig.co & Urheberrecht – Ein erfolgreiches, aber riskantes Geschäftsmodell

10. Virales Marketing & Co – Rechtliche Anforderungen an die Transparenz moderner Werbeformen

C. Rechtlicher Ausblick auf 2015

Datensicherheit wird 2015 ein zentrales Thema werden. Neben den Enthüllungen um die Aktivitäten von NSA, GHCQ & Co bedrohen kriminelle Machenschaften und „Spasshacker“ sämtliche IT-Systeme. Bezeichnend insofern auch der aktuell von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf des IT-Sicherheitsgesetzes, mit dem sich Unternehmen – je nach weiterem Verlauf – rechtzeitig auseinandersetzen sollten.

Datensicherheit bedeutet gerade auch im Hinblick auf die Sozialen Medien (siehe Social Media Security) die Schulung der eigenen Mitarbeiter und Schaffung der nötigen Medienkompetenz bei allen Bürgern, die sich im Internet bewegen. Zahlreiche Schulungen innerhalb von Unternehmen zeigen, dass hier auch in rechtlicher Hinsicht einiges an Aufklärungsbedarf besteht, wie man sich im Internet rechtskonform verhält.

Die weitere Entwicklung des (europäischen) Datenschutzes wird im übrigen stark von dem Schicksal der Datenschutzgrundverordnung abhängen, die in allen EU-Staaten gleiche Standards setzen soll und so gerade im internationalen Kontext mehr Rechtssicherheit bringen kann. Es sollte insoweit genau beobachtet werden, ob, mit welchen Regelungen und vor allem wann die Grundverordnung gelten wird.

Ähnliche Ideen einer europaweitern Vereinheitlichung im Bereich des Urheberrechts äußerte kürzlich auch unser neuer EU-Digitalkomissar Günther Oettinger, der sich in diesem für ihn neuen Feld nun erst einmal wird beweisen müssen. Die komplizierten Entscheidungswege in der EU lassen vermuten, dass es ein langer Weg sein wird, bis hierzu auch nur annähernd konkrete Gestaltungen erkennbar sind. So lange wird man sich weiter an unserem deutschen Urheberrechtsgesetz, das digitale Themen nur unzureichend und teilweise auch wenig interessengerecht regelt, und an der nationalen Rechtsprechung, die urheberrechtliche Problemstellungen tatsächlich in einigen Fällen sinnvollen Lösungen zuführt, orientieren müssen. Dabei werden weitergehende Rechtsfragen zu Lizenzen im Bereich der Inhalte (Creative Commons & Co) und Software (Open Source) vertraglich sinnvoll zu regeln sein, aber auch die Gerichte stärker beschäftigen.

Schließlich stellt der Mega-Trend „Big Data“ gerade den Datenschutz vor erhebliche Herausforderungen. Die Entwicklung hin zu immer größeren Datenmengen ist unvermeidlich. Die Analyse diese Datenmengen bieten zudem große Chancen. Nachdem wir bereits in 2014 unterschiedlichste Big Data Projekte begleiten und datenschutzrechtlich modellieren konnten, freuen wir uns, dass Mitte April dieses Jahre im Springer Verlag das Buch „Praxishandbuch Big Data – Wirtschaft – Recht –Technik“ erscheint, in meine Kollegen und ich den rechtlichen Teil verfasst haben. Das Buch bietet einen Überblick der möglichen Anwendungsfelder aus verschiedenen Perspektiven. Zudem enthält es praktische Empfehlungen, wie Big Data-Anwendungen nach geltendem Recht umgesetzt werden können und dabei den technischen und organisatorischen Aufwand so gering wie möglich zu halten.

 D. Fortschreiten der Digitalisierung

Die Digitalisierung, die sich – je nach Unternehmen – auf sehr unterschiedlichen Stufen befindet, wird in JEDER Branche weitergehen.

Unternehmen in der ersten Welle werden ihre Online-Kanäle und Online-Werbung weiter auf- und ausbauen, um ihren Absatz zu unterstützen. Hier spielen weiter Rechtsfragen zur Beschaffung und Nutzung von Inhalten bzw. der rechtskonformen Gestaltung der Inhalte und Präsenzen eine zentrale Rolle.

Zahlreiche Unternehmen, bei denen die Digitalisierung schon fortgeschritten ist, rücken den Kunden stärker in den Mittelpunkt. Hier dient die Analyse Kundendaten bereits der Konkretisierung auf die Bedürfnisse und das Verhalten der Kunden. Bei der Gestaltung entsprechend individualisierter Angebote ist die Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorgaben aus dem Telemediengesetz (TMG) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) elementare Voraussetzung, um rechtliche Risiken und einen etwaigen Vertrauensverlust der Kunden zu vermeiden.

Cloud-Services spielen dabei auch zukünftig auf beiden Ebenen zentrale Rollen.

Die vorgenannten Maßnahmen werden oft schon von Aktivitäten in den Sozialen Medien unterstützt, um über diese Kanäle neue Kunden anzusprechen bzw. zu binden. Immer stärker werden XING, Facebook & Co auch im Rahmen des unternehmenseigenen Recruiting eingesetzt, was vor allem (arbeitnehmer-)datenschutzrechtliche Belange einbezieht (siehe hierzu auch das kürzlich in 2.Auflage erschienendePraxishandbuch „Social Media Recruiting“, in dem ich den rechtlichen Part beitragen durfte).

Einige wenige Unternehmen sind zumindest auf dem Weg zu „digitalen Ökosystemen“, bei denen digitale Technologien nicht nur extern, sondern eben auch intern zentrale Prozesse steuern. Social Software bzw. auch mobile Technologiensind dabei zentrale Bestandteile.

Schließlich wird 2015 wohl das bisher wichtigste Jahr für die Startup Szene in Deutschland. Politik und Wirtschaft haben erkannt, dass Startups die Quelle für neue Inspirationen und Innovationen sind, die wir hier in Deutschland – gerade im digitalen Bereich – so dringend brauchen. Auch in Stuttgart und Baden-Württemberg hat sich eine vitale Gründerszene herausgebildet. Nachdem wir schon seit vielen Jahren Startups beraten, von denen einige heute auch eine veritable Grösse und Bedeutung erreicht haben und die Arbeit mit motivierten Gründern viel Spass macht, bleibt die Beratung in diesem Bereich auch in Zukunft ein besonderer Fokus.

Insgesamt freuen wir uns bestehende und zukünftige Mandanten auch weiterhin mit der IT- und internetrechtlichen Spezialisierung unserer Kanzlei, aber auch bei gesellschafts- oder arbeitsrechtlichen Fragen auf dem weiteren Weg in die Digitalisierung zu begleiten.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich schließlich auch noch einmal ausdrücklich bei allen Mandanten und Lesern dieses Blogs für ein spannendes Jahr bedanken. Es ist eine große Freude zu sehen, wie sich dieser Blog seit 2007 entwickelt hat.

Auch für 2015 freue ich mich insofern natürlich auf Kommentare, spannende Diskussionen und zahlreiche Anregungen für mögliche Themen, mit denen gerne gleich unten angefangen werden kann.

Weiterführend:

Rückblick und Best of 2009

Rückblick und Best of 2011

Rückblick und Best of 2013

 

Gerne stehen wir bei weitergehenden Fragen oder Interesse an einem entsprechenden Inhouse Workshop telefonisch unter +49 (0) 711 860 40 025 oder via E-Mail carsten.ulbricht@menoldbezler.de zur Verfügung.

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  1. […] Oft fehlt es an dem Interesse oder zumindest der Bereitschaft, sich mit diesen digitalen Technologien möglichst unbefangen zu beschäftigen. Die Erfahrung zeigt, dass sich mit etwas Sachverstand und einer proaktiven und sachkundigen Auseinandersetzung mit den Themen oft gut vertretbare Lösungen finden lassen. Tatsächlich stellt sich die Frage, wie man ein Unternehmen etwa zu rechtlichen Fragen bei Facebook & Co praxisorientiert beraten will, wenn man das jeweilige Soziale Netzwerk mangels eigenem Profil noch nicht einmal richtig „von innen“ kennt. Insofern bleibt die Hoffnung, dass die Zahl der rechtlichen Experten für digitale Themen, von denen es natürlich auch schon einige gibt, auch in der Anwaltschaft und auf Seiten der Unternehmensjuristen (gerne auch bei den Richtern) weiter ansteigt. Weiter zum vollständigen Beitag  […]

  2. […] 8. Social Recht & Datenschutz. Dieses Jahr werden wir weitere wegweisende Entscheidungen von Staat im Bezug auf das Online-Recht erwarten können. Mehr dazu im separaten Blogbeitrag unseres Partners Dr. Carsten Ulbricht: Stichwort: Social Security! […]

  3. […] Social Recht & Datenschutz. Dieses Jahr werden wir weitere wegweisende Entscheidungen vom Staat in Bezug auf das Online-Recht erwarten können. Mehr dazu im separaten Blogbeitrag unseres Partners Dr. Carsten Ulbricht: Stichwort: Social Security! […]

  4. […] Social Recht & Datenschutz. Dieses Jahr werden wir weitere wegweisende Entscheidungen vom Staat in Bezug auf das Online-Recht erwarten können. Mehr dazu im separaten Blogbeitrag unseres Partners Dr. Carsten Ulbricht: Stichwort: Social Security! […]

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